25 Köpfe: Hausmeister, Fahrer und Bienenkönig – Norbert Stein ist ein Mann „für alle Fälle“

„Irgendwann musst du dich entscheiden wie du bis zur Rente weitermachen willst“, sagt Norbert Stein. Der gelernte Tischler hat sich entschieden. Mit 54 gab er seinen gut laufenden Ein-Mann-Montagebetrieb auf und wechselte an die Uni Erfurt. Als einer von sechs Kollegen in der Hausverwaltung, die sich jeden Tag darum kümmern, „dass der Laden läuft“. „Ich habe diesen Schritt nie bereut – im Gegenteil, ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit und auf die Kollegen, wir sind ein tolles Team.

Als Norbert Stein an die Universität Erfurt kam, war ihm der Campus bereits bestens vertraut. Immer wieder hatte er sich um die Fenster in den Gebäuden gekümmert, um kleinere Montagearbeiten, Reparaturen und was sonst noch anfiel – damals noch als selbstständiger Unternehmer. „Ich mochte die Leute auf dem Campus“, sagt er, „ein bunter Strauß unterschiedlichster Charaktere, das passte irgendwie zu mir. Ich habe eben gern mit Menschen zu tun. Und die Uni ist wahrhaft ein Ort der Vielfalt.“ Als die „Hausmeister“-Stelle dann ausgeschrieben war, zögerte Norbert Stein nicht lange. Er hatte Glück, bekam sie und ist seither „der Norbert“, der sich kümmert, wenn es auf dem Campus etwas zu tun gibt.

Und es gibt viel zu tun. Und zwar ab sechs Uhr morgens. Deshalb ist Steins Nacht auch um 4.45 Uhr zu Ende. Dann macht er sich auf zur Arbeit – allerdings niemals, ohne noch gemütlich ein Honigbrötchen gegessen zu haben. „Ohne das fängt mein Tag nicht an“, sagt er und gerät schnell ins Schwärmen. Denn der gelernte Tischler ist seit zehn Jahren auch Imker mit Leib und Seele. Zum Glück für die Uni – denn seit es Norbert Stein hier gibt, gibt es hier auch Bienen. Im Schulgarten auf dem Campus, dort, wo die angehenden Grundschullehrer sich auf den späteren Schulgartenunterricht vorbereiten. Ein dreifacher Gewinn, könnte man sagen. Denn Stein macht die Arbeit nicht nur gern – „das ist für mich beinahe wie Meditation“, sagt er – auch die angehenden Schulgartenlehrer profitieren davon. Und nicht zuletzt ist der Honig, den die Kolleginnen in der Hochschulkommunikation „Campusgold“ getauft und in hübsche Gläschen verpackt haben, ein wunderbares Geschenk für Gäste und Kooperationspartner der Universität. Jede Woche guckt Norbert Stein nach „seinen Bienen“. Im weißen Schutzanzug steht er dann im Schulgarten an den Beuten, schaut, ob alles in Ordnung ist mit den beiden Völkern und ihren Königinnen. Schließlich ist hier alles „Natur“ – es wird nicht gespritzt und nicht gepanscht, alles kommt, wie es kommt. Denn beim „Campusgold“ zählt nicht die Masse, sondern nur die Tatsache, dass es die Bienen gibt, dass die Studierenden das Imkern lernen können und die zum Teil exotischen Bäume auf dem Campus bestäubt werden. „Wir greifen nicht in die Natur ein“, sagt Norbert Stein, „und dennoch ist unsere ‚Ernte‘ vergleichsweise üppig.“ Zweimal im Jahr steht er dann mit Studierenden an der Schleuder – Rähmchen für Rähmchen wird das Bienenwachs von den Waben vorsichtig abgehoben, bevor sie in die verzinkte Trommel gehen. Per Handkurbel wird sie in Bewegung gesetzt und schleudert den Honig aus den Waben. „Der beste Moment ist, wenn man dann unten den Hahn aufdreht und der goldene Honig langsam in den Eimer läuft“, sagt Norbert Stein beinahe verzückt. „Natur pur ist das und es lässt mich auch nach zehn Jahren immer wieder staunen.“ Man merkt ihm die Freude förmlich an, wenn er erzählt – von der Kraft des Propolis, dem Bienenharz, das so vielseitig einsetzbar und wohl auch der Gesundheit förderlich ist, aber auch von den Bienen mit ihren kleinen „Pollenhöschen“ – ein Wort, das der ungekrönte „Bienenkönig“ in seiner Erzählung eigentlich nie auslässt. Nun ja, es ist aber auch wirklich ein schönes Wort.

Und doch sind die Bienen nur ein winziger Teil der Arbeit von Norbert Stein. „Die Vielfalt meiner Arbeit ist ja auch das Schöne“, sagt er. Ob Büroumzüge oder Fahrdienste anstehen, Fenster oder Wasserhähne undicht sind, sonstige Reparaturen erledigt werden oder Tische für Veranstaltungen gerückt werden müssen – er und seine Kollegen sind zur Stelle. Und wenn der Fahrer des Präsidenten mal im Urlaub ist, dann gibt „der Norbert“ eben auch mal den „Chauffeur“. „Langeweile kommt bei uns jedenfalls nicht auf“, sagt Stein, der „das Ohr immer am Campus hat“. „Klar, es muss ja laufen.“ Und wenn es das mal nicht tut? Dann ist der Vater von vier Söhnen einfach „frei heraus“. Herzdrücken, sagt er, mache nur krank. Da sei er eher ein Mann für klare, ehrliche Worte und pragmatische Lösungen. Eben einer, der gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen für das, was man ihm anvertraut hat. „Damit bin ich schon während meiner Selbstständigkeit gut gefahren und so läuft es auch mit den Uni-Kollegen gut. Das merkt man schon daran, dass wir auch nach Feierabend gemeinsame Unternehmungen machen. Und darüber bin ich sehr froh. Wenn man bedenkt, wie viele Leute in meinem Alter mit Magengrummeln zur Arbeit gehen und sich die Rente herbeisehen – da habe ich es doch ziemlich gut getroffen, würde ich sagen.“