Die Universität Erfurt feiert 2019 ihren 25. Geburtstag. Und dazu gehören natürlich auch Gäste. Gäste, mit denen man gemeinsam zurückblickt – auf die Anfänge und das Erreichte –, aber vor allem auch darüber redet, wie es weitergeht – mit der Universität Erfurt im Speziellen und mit Universität im Allgemeinen. So geschehen heute Abend bei einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Universität der Zukunft – Zukunft der Universität?!“, zu der die Uni ins Coelicum eingeladen hatte. Moderiert von Dr. Hanna Proner (Zeitverlag Gerd Bucerius) diskutierten auf dem Podium Prof. Dr. Julia von Blumenthal (Präsidentin der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder), Prof. Dr. Monika Jungbauer-Gans (Geschäftsführerin des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung Hannover), Prof. Dr. Christoph Markschies (Präsident a. D. der Humboldt Universität Berlin) sowie Prof. Dr. Peter Walgenbach (Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Organisation, Führung und Human Ressource Management an der FSU Jena). Einen Impuls zum Auftakt lieferte Dominique-Marcel Kosack, Promovend an der Katholisch-Theologischen Fakultät, der mit einem kleinen Video seine Perspektive als Nachwuchswissenschaftler einbrachte.
Vor dem Hintergrund der herausragenden Bedeutung, die Universitäten historisch für die gesellschaftliche Entwicklung im Allgemeinen und die Geistes- und Kulturgeschichte im Besonderen haben, fragte die Veranstaltung nach Herausforderungen und Zukunftsperspektiven für kleine Profiluniversitäten, zu denen auch die Universität Erfurt gehört. Denn mit ihrem geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Profil nimmt sie seit ihrer Wiedergründung eine besondere Position innerhalb der Thüringer Hochschullandschaft ein. Mit interdisziplinärer Forschung und Lehre – einem zentralen Merkmal ihres Programms – sucht sie dabei nach Antworten auf die komplexen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Aber was wird die Zukunft bringen? Welche Potenziale ergeben sich daraus für die Entwicklung der Universität Erfurt? Wie kann sie in der gesamtdeutschen Hochschullandschaft sichtbar bleiben und – Stichwort Exzellenzinitiative – wie sich gegen „die Großen“ im Wettbewerb um (Dritt-)Mittel und Köpfe behaupten?
Mit Ideen. Mit Vernetzung. Mit Selbstbewusstsein. Indem sie sich neuen und vor allem den gesellschaftlich relevanten Themen wie Nachhaltigkeit und Verantwortung öffnet und die Gesellschaft teilhaben lässt – an den Prozessen und den Ergebnissen ihrer Arbeit. Denn was bringt das vielzitierte Recht auf die Freiheit von Forschung und Lehre, wenn am Ende die Relevanz fehlt? Die Erfahrung zeigt: Ressourcen gibt es in aller Regel nur für Relevanz und damit auch das Bedienen von gesellschaftlichen Erwartungen. Und nicht allein deshalb muss Forschung heute gesellschaftliche Erwartungen und Themen aufgreifen. Aber läuft Wissenschaft damit nicht Gefahr, sich verzwecken zu lassen? Wie muss das Verhältnis von quantitativ-empirischen zu hermeneutischen Wissenschaftsansätzen aussehen? Eines steht fest: Der Druck wächst. Und so lautete auch das Plädoyer vom Podium: „Wir sollten den Zweck nicht fürchten, aber das Ziel ist die Balance und nicht das ewige sich Strecken nach den Fleischtöpfen der staatlichen Förderung.“
Es bleibt ein Ringen. Wer es zum Erfolg führen will, muss wach bleiben. Kreativ. Mutig. Und kritisch dagegen halten. Muss Impulse für den gesellschaftlichen Diskurs liefern. Raum für Entfaltung schaffen, sich einlassen – auch auf die Fragen von morgen. Die Eigengesetzlichkeiten von Universitäten annehmen und auf sie vertrauen – ein Appell an die Politik.
„Universitäten können nicht die bessere Politik machen, aber sie können erklären, erforschen und den sachlichen Diskurs fördern.“
(Dominique-Marcel Kosack)
Am Ende muss die Universität Erfurt mit Substanz überzeugen“, darin waren sich die Diskutanten einig. Hinter aller „Antragsprosa“ um „Interdisziplinarität, Internationalität und Nachhaltigkeit“ müsse Aktion stecken. Eine echte Idee. „Und manchmal schadet auch ein ganz kleines bisschen Realitätsferne nicht“, ergänzte Christoph Markschies – jene, die zum Teil die Neugründung der Uni Erfurt auf hinreißende Weise begleitet und vielleicht auch gefördert habe. Der Mut, auch scheinbar Undenkbares zu denken. Gegen alle Widerstände. Auch kleine Unis können große Pläne haben und Großes bewegen. Markschies: „Wenn ich der Uni etwas wünschen dürfte, dann wären das fünf Millionen Euro im Abreißblock, die für spannende und vielleicht auch ein bisschen verrückte Ideen ausgegeben werden dürfen.“ Nach dem Motto: Macht Ungewöhnliches! Und gebt der Freiheit einen Rahmen, der sie stützt und nicht einengt. An solchen Orten wächst Kreativität. An solchen Orten wachsen Menschen.
Und so waren die Teilnehmer an diesem Abend auch ganz bei Alt-Bischof Wanke, der aus dem Auditorium heraus gute Worte zum Abschluss fand. Er sei überaus froh, dass es in Erfurt eine, eben diese Universität gebe. Und er wünschte ihr, ein Ort der Neugier zu bleiben.
So sei es. In Erfurt und überall.
Übrigens: Die Uni Erfurt diskutiert weiter – am kommenden Donnerstag, 13. Juni, um 18 Uhr. Unter dem Titel: „Von der Reform- zur Profiluniversität“ schauen wir am historischen Ort, dem Collegium Maius, auf die Anfänge zurück und sprechen mit Wegbereitern und -begleitern. Zu Gast ist unter anderem Thüringens Ministerpräsident a.D. Prof. Dr. Bernhard Vogel.