„Einen mittlerweile etablierten bi-nationalen Master-Studiengang zu haben, der einzigartig in Deutschland ist, ist einfach großartig“, erklärt Mara Albrecht lächelnd. Der mittlerweile achte Jahrgang deutscher und libanesischer Studierender absolviert das Programm „Geschichte und Soziologie/Anthropologie des Vorderen Orients in globaler Perspektive“ bzw. „Middle Eastern Sociology/Anthropology and History“ – kurz: ‚MESH’”, fügt sie hinzu. Der vom DAAD geförderte Master-Studiengang wird gemeinsam von der Uni Erfurt und den libanesischen Universitäten Saint-Joseph in Beirut und Saint-Esprit de Kaslik in Jounieh angeboten. Noch während ihrer Promotion an der Uni Erfurt hat Mara Albrecht das internationale Programm mit aufgebaut und ist bis heute als Studiengangskoordinatorin mit Herzblut dabei…
Doch von vorn. Nach dem Magister-Studium der Geschichtswissenschaften mit einem Schwerpunkt auf der Geschichte des Nahen Ostens an der Universität Hamburg bewarb sich Mara Albrecht 2007 erfolgreich auf die Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Birgit Schäbler, Professorin für Geschichte Westasiens an der Universität Erfurt. Und landete damit genau am richtigen Ort: „Ich war sehr glücklich über die Zusage, denn die Auswahl an Stellen für Nahosthistoriker*innen ist in Deutschland leider sehr begrenzt. Abgesehen von Erfurt gibt es heute tatsächlich keine einzige Professur für Nahostgeschichte in Deutschland mehr – damit hat die thüringische Landeshauptstadt ein echtes Alleinstellungsmerkmal“, erklärt Mara Albrecht.
An der Universität Erfurt arbeitete sie zunächst als Mitarbeiterin und anschließend in einer DFG-Projektstelle an ihrer Dissertation zu politischer Kultur im Libanon. Forschung, Lehre und Gremienarbeit zählten dabei von Beginn an zu ihren Stärken und auch die verschiedenen Koordinationstätigkeiten lagen ihr. Wie Mara Albrecht anschließend dazu kam, noch während ihrer Promotion einen neuen Studiengang mit aufzubauen? „Aufgrund meines Dissertationsthemas hatte ich bereits viel Zeit mit Forschungen im Libanon verbracht, zudem hat Prof. Dr. Birgit Schäbler gute Kontakte in das Land. So kam 2010 die Idee auf, einen Drittmittelantrag beim DAAD für die Einrichtung eines bi-nationalen Studiengangs mit Doppelabschluss zu stellen.“ Und das sollte schließlich die Geburtsstunde des MA-Studiengangs „Geschichte und Soziologie/Anthropologie des Vorderen Orients in globaler Perspektive“ sein, an dessen Aufbau Mara Albrecht seit 2011 maßgeblich beteiligt war und dessen Koordination sie im Anschluss übernahm. „Aufgrund meines Forschungsschwerpunkts und meiner Kenntnisse des Libanons war ich dafür ja sozusagen prädestiniert.“
Doch gerade die Besonderheit des Studiengangs sollte in der Anfangsphase zur Herausforderung werden: „‚MESH‘ ist der erste bi-nationale Doppelabschluss-Studiengang an der Uni Erfurt und wir alle hatten natürlich keine Erfahrungen, wie so ein Programm umgesetzt werden kann“, erinnert sich die Nahosthistorikerin. „Ohne die bis heute gute Zusammenarbeit mit den verschiedenen Abteilungen der Universität könnte so ein Studiengang nie funktionieren – ich denke da insbesondere an das Internationale Büro, das Dezernat Studium und Lehre, die Stabsstelle Qualitätsmanagement, aber auch an das Sprachenzentrum und das Studierendenwerk.“ Trotz der anfänglichen „Stolpersteine“ überwiegen für Mara Albrecht bis heute die Freude an der Arbeit und der Stolz auf das Geschaffte. „Klar, war es am Anfang manchmal holprig, aber dass wir diesen besonderen Master-Studiengang jetzt etabliert haben, der nicht zuletzt ja auch ein Aushängeschild für die Internationalität unserer Uni ist, lässt mich diese Mühen schnell vergessen.“
An Internationalität mangelt es dem Master-Programm tatsächlich nicht. So wird beispielsweise auf Deutsch, Französisch und Englisch unterrichtet. Darüber hinaus beinhaltet der Studiengang Sprachmodule und Module zur Kultur des Nahen Ostens. Auch innerhalb der Bundesrepublik sucht das Programm seinesgleichen: „‘MESH‘ ist einer der wenigen Studiengänge in Deutschland, der zusammen mit der arabischen Welt betrieben wird und zudem der einzige, der einen geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Schwerpunkt hat – und sich damit auch wunderbar in das Profil der Uni Erfurt einfügt“, erklärt Mara Albrecht.
„Es ist es immer wieder bereichernd, mit internationalen Studierenden aus verschiedenen Disziplinen zu arbeiten.“
– Mara Albrecht
Besonders viel Spaß mache ihr die enge Kooperation mit den Partnern im Libanon und die Vorbereitung der deutschen Studierenden auf die Auslandsphase an den Partneruniversitäten – ein fester Bestandteil des Studiums. „Aber auch die Betreuung der libanesischen Studierenden in Erfurt und die Zusammenarbeit mit den Gastdozierenden aus dem Libanon ist immer wieder schön.“ Neben der Koordination lehrt Mara Albrecht auch im MESH-Studiengang. „Da ist es immer wieder bereichernd, mit einer internationalen Gruppe von Studierenden aus verschiedenen Disziplinen zu arbeiten.“ Kontakt zu den Studierenden hält sie auch über das Studium hinaus – vor zwei Jahren startete die Alumni-Arbeit des Studiengangs. „Mittlerweile gibt es ja schon eine ganze Reihe von Absolvent*innen auf deutscher und libanesischer Seite und es ist unheimlich interessant, zu hören, was aus ihnen geworden ist und wie sie sich weiterentwickelt haben.“ So hätten viele der Absolvent*innen schnell einen Arbeitsplatz gefunden und arbeiten u.a. bei politischen Stiftungen, NGOs, in der Integrationsarbeit, als Lehrer*in an deutschen Schulen im Ausland oder im Bereich Marketing und Vertrieb in Wirtschaftsunternehmen mit Kontakten in die arabische Welt.
Bis heute hat Mara Albrecht ihre Position als Studiengangskoordinatorin inne und ist mit Herzblut dabei. Erst im vergangenen Jahr wurde ihr großer Einsatz für das Programm – u.a. die erfolgreiche Einbindung einer zweiten Partnerhochschule im Libanon – mit dem 2. Platz beim Internationalisierungspreis der Universität Erfurt gewürdigt. Momentan ist sie – passend zu ihrem großen Interesse – als stellvertretende Direktorin am Orient-Institut Beirut tätig. Wie sie zu der Position kam? „Prof. Dr. Birgit Schäbler ist Direktorin des Instituts und hat mir die Stelle angeboten, die ich jetzt im Rahmen einer Mutterschutzvertretung für ein Jahr übernommen habe. Ich freue mich sehr darüber, wieder für eine längere Zeit im Libanon zu sein – ich mag das Land und die Leute.“ Zudem nutzt sie ihren Aufenthalt auch, um vor Ort die Zusammenarbeit mit den Partneruniversitäten zu intensivieren – was wiederum Vorteile für „MESH“ bringt.
Da Mara Albrecht nebenbei auch weiterhin den Studiengang koordiniert, bleibt ihr jedoch nur sehr wenig Zeit, um Land und Kultur genießen zu können. „Gerade in der gegenwärtigen politischen Situation mit den großen Demonstrationen wünsche ich mir manchmal schon, etwas mehr Zeit zu haben, um mit den einzelnen Akteuren ins Gespräch zu kommen. Es ist unglaublich interessant, gerade jetzt im Libanon zu sein und zu sehen, wie sich die Dinge hier politisch und wirtschaftlich entwickeln.“
Trotz der spannenden Erfahrung freut sie sich auch wieder auf das dagegen „doch eher beschauliche“ Erfurt, in das sie im Sommersemester 2020 zurückkehren wird. „Besonders freue ich mich auf meine Freunde und Kolleg*innen und darauf, dass ich auch wieder mehr Gelegenheit haben werde, an meiner Habilitationsschrift zu urbanem Raum und Gewalt im Britischen Imperium zu arbeiten.“
Mara Albrechts Wünsche zum 25-jährigen Bestehen:
„Ich wünsche der Uni Erfurt auch für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg, vor allem auch im Bereich der Internationalisierung, die mir besonders am Herzen liegt. Hierzu gehören für mich internationale Kooperationen in Forschung und Lehre, die Steigerung der Mobilität unserer Studierenden und natürlich auch eine große Zahl an internationalen Studierenden, die nach Erfurt kommen sowie Gastdozenturen ausländischer Wissenschaftler*innen, internationale Summer Schools, Workshops etc. Ich finde es in diesem Zusammenhang auch wichtig, dass wir Studierende ausbilden, die für die globalen, nationalen und regionalen Herausforderungen unserer Zeit gewappnet sind. Das schließt Wissen zur Geschichte und Kultur auch anderer Weltregionen ein und natürlich auch Fremdsprachenerwerb und ein Angebot von Seminaren auf Englisch, aber vor allem die Vermittlung von interkulturellen Kompetenzen, die in vielen Bereichen und ganz besonders in der Lehrerausbildung von großer Bedeutung sind.“